Wiedergutmachung, Titelkampf und Talentschau der deutschen Mehrkämpfer in Wesel

Silke Bernhart

In sechs Alterklassen werden am kommenden Wochenende zwölf neue Deutsche Meisterinnen und Meister im Mehrkampf gekrönt: In Wesel geht es von der U16 bis zu den Aktiven um die Titel im Siebenkampf, Neunkampf und Zehnkampf. Tim Nowak und Anna Maiwald streben nach knapp verpasster Olympia-Qualifikation einen guten Saison-Abschluss an. In den stark besetzten Nachwuchs-Altersklassen tummeln sich besonders im Siebenkampf jede Menge große Talente.

In der achten Disziplin platzten in Ratingen die Olympia-Hoffnungen von Tim Nowak (SSV Ulm 1846): Auf einem Kurs in Richtung 8.300 Punkte liegend, zerbrach ihm bei der Einstiegshöhe im Stabhochsprung der Stab. Eine klaffende Wunde in der linken Hand musste im Krankenhaus genäht werden, und so war die Chance auf den Start in Tokio dahin. Zwei Monate später ist die Wunde ausgeheilt und der Kampfgeist wieder geweckt: Bei den Deutschen Mehrkampf-Meisterschaften in Wesel (20. bis 22. August) sinnt der WM-Zehnte von Doha (Katar) auf Wiedergutmachung und ein versöhnliches Saisonende – wenngleich er in der Vorbereitung auf die Titelkämpfe aufgrund von leichten Beschwerden zuletzt einige Abstriche machen musste.

Sollte der Favorit aus Ulm wackeln, dürften besonders zwei Athleten ihre Chance wittern: Der Deutsche U23-Meister des Vorjahres Jannis Wolff (Eintracht Frankfurt), der anschließend in die Trainingsgruppe von Jürgen Sammert in Frankfurt gewechselt ist, und der Saarländer Marvin Bollinger (SV Halle), der bei Siebenkampf-Bundestrainer Wolfgang Kühne trainiert. Mit neuen Bestleistungen von 7.831 und 7.777 Punkten haben beide in dieser Saison bereits unterstrichen, dass sie in guter Form sind. Der Überraschungssieger im Männer-Zehnkampf von 2020 Malik Diakité (Hannover 96) hat dieses Mal in der U23 gemeldet und kann sich in dem U23-Wettbewerb nur selbst schlagen.

Anna Maiwald auf der Jagd nach dem vierten Titel

Zwei Siebenkämpfe jenseits der 6.000 Punkte-Marke hat Anna Maiwald in diesem Jahr hingelegt. Darunter in Götzis (Österreich) Ende Mai mit 6.119 Zählern das zweitbeste Resultat ihrer Karriere. Für die Olympia-Qualifikation fehlten im World Ranking nur wenige Plätze. In Wesel hat die Leverkusenerin die Gelegenheit, die Saison mit einer weiteren starken Leistung dennoch erfolgreich abzuschließen: Anna Maiwald greift nach ihrem vierten deutschen Meistertitel und ist in der Frauen-Konkurrenz in Abwesenheit der Olympia-Teilnehmerinnen Carolin Schäfer (Eintracht Frankfurt) und Vanessa Grimm (Königsteiner LV) die Favoritin.

Zwei ihrer Herausforderinnen haben sich zuletzt auf ähnlichem Niveau bewegt: Janina Lange (MTV Lübeck) kam in Ratingen (5.729 pt) ihrer Bestmarke von 5.830 Punkten schon ziemlich nahe. Die EM-Teilnehmerin von 2018 Mareike Arndt (TSV Bayer 04 Leverkusen) hatte sich Anfang Juni mit 5.655 Punkten den Sieg in Bernhausen geholt – den Siebenkampf in Ratingen dann aber nicht zu Ende gebracht. Ihren Platz auf dem Treppchen wollen ihnen die Regensburgerinnen Anna-Lena Obermaier und Isabel Mayer sowie die Kölnerin Laura Voß streitig machen.

Für sie alle kann es deutlich über die 5.500 Punkte-Marke gehen. Ein Leistungsbereich, in dem sich auch die Favoritinnen in der U23-Altersklasse bewegen: Titelverteidigerin Mareike Rösing (USC Mainz) hatte sich im Vorjahr mit 5.526 Zählern den Sieg geholt, wurde jedoch in diesem Jahr bisher von einer schweren Verletzung ausgebremst. So steht über ihrer Form noch ein Fragezeichen und Lilian Tösmann (Eintracht Frankfurt), 2020 mit 5.430 Punkten Vizemeisterin der U20, rückt in die Rolle der Mitfavoritin.

U20-Siebenkämpferinnen auf Top-Niveau

Die besten U20-Athletinnen bringen nach Wesel Bestleistungen mit, die ihnen auch in der Frauen-Konkurrenz Medaillenchancen einräumen würden: Marie Dehning (LG Celle-Land) hatte mit 5.778 Punkten Bronze bei der U20-EM gewonnen, Lara Siemer (Rukeli Trollmann e.V.) war dort mit 5.592 Punkten Achte geworden. Die Vierte der U20-EM Serina Riedel (TSV Zeulenroda) geht in Wesel nicht an den Start, und dennoch dürfen sich die Tallinn-Teilnehmerinnen nicht zu sicher sein: Jenna-Fee Feyerabend (TV Groß-Gerau; PB 5.473 pt) und die sprungstarke Marie Jung (SSV Ulm 1846) lauern auf ihre Medaillenchance.

Weniger stark besetzt, dafür aber im Kampf um die Podiumsplätze umso offener ist der Zehnkampf der männlichen U20, in dem mit Till Steinforth (SV Halle) und Roman Jocher (SSV Ulm 1846) beide U20-EM-Teilnehmer fehlen. Einzig Niklas Tuschling (1. LAV Rostock) hat mit 7.064 Zählern schon die 7.000 Punkte-Marke überboten, damit wird der Sieg nur über ihn gehen.

Baden-Württemberg hofft auf Double in der U18

Hochklassig besetzt sind in Wesel besonders die U18-Entscheidungen der Jahrgänge 2004 und 2005, denen in diesem Jahr mit den abgesagten U18-Europameisterschaften von Rieti (Italien) der internationale Höhepunkt weggebrochen ist. So wird die DM zum Highlight des Jahres, und die Felder sind ebenso groß wie leistungsstark: 34 Athletinnen kämpfen um die U18-Medaillen im Siebenkampf, 25 Athleten um die Podiumsplätze im Zehnkampf der U18.

Und in beiden Wettbewerben kommen die Favoriten aus Baden-Württemberg: Emmanuel Molleker (LG Filder) ist mit 7.351 Punkten in diesem Jahr Europas Nummer zwei in der U18. Er wird in Wesel gefordert von Europas Nummer drei aus Bayern Nils Kremling (LG Landkreis Roth; 7.222 pt) sowie seinem Trainingspartner Moritz Eisold (LG Filder; 6.931 pt). Und im Siebenkampf mit acht Athletinnen, die 2021 schon die 5.000 Punkte-Marke überboten haben, liegt Sandrina Sprengel (LG Steinlach-Zollern; 5.638 pt) auf der Pole Position vor Tabea Eitel (LG Filder; 5.443 pt) und Marisa Jurtz (LC Überlingen), die in einem internationalen U18-Siebenkampf mit 200 statt der national üblichen 100 Meter 5.387 Punkte gesammelt hat.

Den Auftakt der Titelkämpfe machen bereits am Freitag – gemeinsam mit der U20 – die Talente der U16-Alterklassen. Im Programm: der Siebenkampf und der Neunkampf. Mit Emma Kaul (USC Mainz) und Alva Adler (ART Düsseldorf) greifen die W/M14-Sieger des Vorjahres nun in der W/M15 nach den Medaillen. In diesem Jahr haben allerdings die Schleswig-Holsteiner Anna-Elisabeth Ehlers (TSV Glücksburg) und Nuka Driver (MTV Heide) schon ein paar Pünktchen mehr gesammelt. Die Top Drei der W15 trennen in der Meldeliste gar nur drei Zähler. In der M/W14 sind Anton Steffen (1. LAV Rostock) und Magdalena David (TV Emmering) die Gejagten.

(Quelle: https://www.leichtathletik.de/news/news/detail/75380-wiedergutmachung-titelkampf-und-talentschau-der-deutschen-mehrkaempfer-in-wesel)